2021-01-05

Hilfe für den Mittelstand? Nichts leichter als das!

von Wolfgang Filì, facts-and-figures

Ihr Betrieb lief bis März 2020 halbwegs profitabel, hat brav seine Steuern bezahlt, deckt jetzt aber kaum noch die Kosten und wäre bei Lockdown Nr. 2 geliefert, spätestens aber bei Nr. 3? Damit stünden Sie nicht alleine. 

99 % aller Firmen sind Mittelständler. Zwar schöpfen sie über die Hälfte der Werte, stellen 60 % aller Arbeitsplätze und seien Innovationsmotor der Nation, lobte Bundesminister Altmeier. 

Zwei tragen die Lasten, einer sitzt bequem: Cantilever-Prinzip (Archivbild)

Aber die wenigsten unterhalten eine eigene Lobby in Berlin, schnieke BWLer oder Juristen im Haus, die ihnen das eine oder andere Scheibchen der 25 Milliarden Euro Überbrückungshilfe sichern. Frei nach Cantillon bleibt das Geld bei Großbetrieben und politisch Begünstigten hängen.

Aber kann dies richtig sein? Fordern Sie Ihren Abgeordneten doch einfach auf, sich einzusetzen dafür, dass jeder Betrieb als Corona- respektive Rezessionshilfe seine – sagen wir – in den jüngsten drei Jahren gezahlten Steuern zurückerstattet bekommt. Das würde 99 % der mittelständischen Firmen helfen und nicht solchen Großunternehmen, deren Geschäftsmodell Steuervermeidung ist. 

Wie denken Sie?

2021-01-02

Außendienst vor der Selbstentleibung

von Wolfgang Filì, facts-and-figures

Das verarbeitende Gewerbe ist ausgebremst. Vertriebler, Anwendungstechnik und After-Sales-Service darben auf dem Standstreifen. Wie lange der organisierte Widersinn anhält, ist offen. Sicher ist nur, dass ohne frische Impulse bald gar nichts mehr geht.

Sie verkaufen über Amazon oder: Zumindest könnten Sie dies theoretisch? OK, dann ist dieser Beitrag nichts für Sie. Denn was Sie herstellen, ist vermutlich Technik von der Stange, hübsch dokumentiert und für Kunden gedacht, deren Wünsche im Wesentlichen vergleichbar sind. Geliefert wird jeweils nach der Zahlung. 

Nein? Der Internethandel ist nicht wirklich Ihr Kanal? Ihr Ding sind vielmehr Technologien und Teile, Systeme und Stücke für den Anfang jeder Wertschöpfung? Mit anderen Worten: Sie bieten Metallertechnik nach Maß und Bedarf?

Dann gibt’s gleich mehrfach Anlass zur Sorge:

a) zum einen um die Bestandkundschaft, und inwieweit diese auch nach 1. Januar noch solvent ist,

b) zum anderen um Ihr Vertriebspersonal, dass Sie nicht nur bezahlen müssen, sondern zunehmend auch trösten sowie

c) um Auslieferung, ggf. Inbetriebnahme und auch den After-Sales-Service vor Ort. 

Wir sollten uns um neue Wege kümmern rund um die Kundengewinnung und -bindung, um die Abwicklung und den After-Sales-Service. © Filì 

Zunächst Ihre Kunden: Eingangs 2021 dürfte klar sein, wer gut gewirtschaftet hat und wer überschuldet den Markt verlässt. Dann soll das ausgesetzte Insolvenzrecht wieder gelten – Domino-Effekte insoweit nicht ausgeschlossen.

Vertrackter wird es schon bei der Akquise. Altregeln für Verkäufer von Ausrüstungstechnik – wie: „klopft überall an, wo Kamine rauchen“ – gelten nicht mehr. Sie kämen eh kaum ‘rein in die Firma. Besuchstermine werden seltenerer gemacht. Und nicht jeder Pförtner ist mit Fiebermesser und Viren-Schnelltest bestückt. 

Hinzu kommt: Handelsmessen sind derzeit genauso ausgebremst wie die Industrie daselbst. Eine virtuelle Ausstellung und Kundengewinnung via Zoom ist nur etwas für Leidensfähige, eher abschlussschwach und schon gar nicht erschöpfend. Persönliche Gespräche bei Skizzen und Espresso sind kaum zu ersetzen.

Bestehende Projekte „hängen“ häufig, weil der Auftraggeber im Ausland sitzt – sei es Italien, China oder Israel – oder in einem so genannten Viren-Hotspot, dies gerne auch in Deutschland. Und ist die verkaufte Lösung nicht installiert, nützten auch Inbetriebnahmen per digitalem Zwilling wenig. Was bedeutet: Kundendienst und die Anwendungstechnik bleiben daheim und der Leistungstausch ruht. 

Handelsmessen sind so ausgebremst wie die Industrie daselbst, virtuelle Ausstellungen und Kundengewinnung via Zoom nur etwas für Leidensfähige, eher abschlussschwach und schon gar nicht erschöpfend. © Filì 

Nun kann man sich fragen, wie lange solch organisierter Widersinn vorhalten kann – "dürfen" darf er ja qua Infektionsschutzgesetz. Firmen und Verbände murren zwar. Sie fügen sich aber ins Alternativlose. Dennoch: Sollte der ganze Spuk einst vorbei sein und die Wirtschaft zieht wieder an, werkeln die Leistungsträger womöglich woanders, aber nicht mehr fürs eigene Haus. Bis dahin – und vielleicht auch darüber hinaus - tun frische Vertriebsimpulse Not.

Wussten Sie etwa, dass das Gros unserer Industrieausrüster seine Webseiten immer noch entlang gedruckter Vorlagen aufbaut, also nach Katalogen und Hauszeitschriften? Manche begnügen sich auch damit, nach knappem Vorwort zum Unternehmen ganze PDFs ins Netz zu stellen. Das ist wenig interaktiv und schon gar nicht geneigt, potenzielle Kunden mit ihren Anliegen einzufangen. 

Aber es geht noch toller: Zwar erfassen die meisten Betriebe die Zufriedenheit ihrer Kunden systematisch, die Hälfte wertet die Rückmeldungen jedoch noch händisch aus. Ein Zehntel verwertet das gesammelte Kundenfeedback erst gar nicht.

Wir sollten uns mithin um neue Wege kümmern rund um die Kundengewinnung und -bindung, die Abwicklung und den After-Sales-Service. Triftige Ansätze gibt es bereits. Sprechen wir miteinander.

Bleiben Sie einfallsreich und wirtschaftlich gesund!

2020-11-15

Digitalisierung der Blechbranche hat den Kunden vergessen

von Volker Albrecht, freier Journalist in Bamberg

Online Fertigungsplattformen automatisieren die administrativen Vorgänge von der Bestellung bis zur Rechnungserstellung und lassen in einem Netzwerk externer Blechbearbeiter die Bauteile herstellen. Wird so die digitale Zukunft in der Blechbranche aussehen?

In Sachen Digitalisierung hat sich die Blechbranche bisher auf die Fertigung fokussiert. Von der Abwicklung der CAD-Daten bis zur Fertigungsplanung, von der Kalkulation bis zur Rechnungsstellung läuft vieles bereits digital und automatisch. Nur die Schnittstelle zum Kunden ist noch immer hauptsächlich Telefon und E-Mail samt PDF-Datei. Jetzt nehmen sich Fertigungsplattformen diesem vernachlässigten Bereich an und könnten damit die Blechbranche nachhaltig verändern.

laserhub.com/

Vorreiter für eine Digitalisierung der Kundenbeziehungen gab es bereits vor mehr als zehn Jahren. 247TailorSteel und Laserteile4You haben es vorgemacht, wie Kunden rund um die Uhr ihre Blechteile online bestellen können. In ihren Webshops erhalten Kunden nach Hochladen der CAD-Zeichnung innerhalb von Minuten verbindliche Angebote für unterschiedliche Mengen oder Liefertermine. Bestellt wird direkt per Mausklick. Angebots- und Bestellvorgang laufen vollständig digital und automatisiert ab, inklusive Machbarkeitsprüfung und Preiskalkulation. Preisverhandlungen allerdings gibt es keine – aber eine transparente Preisgestaltung.

Möglich machen das blechspezifische Algorithmen in den Softwaresystemen, die dazu aber immer wieder gepflegt und weiterentwickelt werden müssen. Der Aufwand dazu ist hoch und kann von mittelständischen Blechbearbeitern kaum geleistet werden. Entsprechend zurückhaltend zeigen sich diese bei der Investition in entsprechende Systeme. Aber auf Kundenseite wächst der Bedarf an einfacheren Bestelllösungen über das Internet.

Fertigungsplattformen auf dem Vormarsch

Seit drei, vier Jahren füllen Online-Fertigungsplattformen wie Laserhub und Blexon, Facturee und Xometry diese Angebotslücke. Für den Kunden ist deren Funktionsprinzip kaum von Webshops zu unterscheiden: CAD-Daten hochladen, Angebot mit Termin und Stückzahl anfordern und bestellen. Die Geschäftsidee dahinter ist aber eine andere: Die Fertigungsplattformen übernehmen voll digitalisiert und automatisiert den administrativen Part von der Angebotserstellung bis zur Auftragsbestätigung und von der Rechnungsstellung bis zur Reklamation. 

blexon.com

Gefertigt werden die Teile dann bei unterschiedlichen Unternehmen eines Fertigungsnetzwerks. Anders als bei Beschaffungsplattformen wie techpilot.de oder blechteilebeschaffung.de kommt der Kunde mit den Fertigungsunternehmen nicht in Kontakt. Alleinverantwortlicher Auftragnehmer ist die Fertigungsplattform.

Die gezielt für das Fertigungsnetzwerk ausgewählten Unternehmen arbeiten dabei vollkommen selbstständig. Für sie treten die Plattformen als zuverlässige „Großkunden“ auf, indem sie ihrerseits Kundenaufträge bündeln und auch gemeinsam abrechnen.

Blechteilebeschaffung online ist gefragt

Die automatische Auftragsvergabe der Plattformen an die Fertigungsunternehmen erledigen Algorithmen. Dazu sind die Fertigungsunternehmen über Schnittstellen an die Plattformen angebunden. Digitale Zwillinge aller im Fertigungsnetzwerk verfügbaren Maschinen sowie ein Datenaustausch zum Materialbestand erlauben den Algorithmen die Auswahl geeigneter Fertiger. Zusammen mit Aspekten wie regionaler Nähe zum Auftraggeber oder spezielle Skills eines Unternehmens werden die Aufträge dann entsprechend automatisch vergeben. 

Mit den Daten der digitalen Zwillinge kalkuliert das System zudem die Kosten und legt mit weiteren Zuschlägen den Preis für jeden Auftrag fest - jeweils abhängig von Stückzahl und Liefertermin. Preisverhandlungen je Auftrag sind nicht vorgesehen, wenngleich man sich im Vorfeld durchaus abstimmt.

247tailorsteel.com/de

Plattformen ersparen den Fertigungsunternehmen vor allem administrativen Aufwand im Vertrieb. Selbst die Organisation des Teileversands über Paketdienstleister übernehmen die Plattformen. Und aus der Digitalisierung und Automatisierung dieser Prozesse rechtfertigt sich letztendlich auch deren Marge.

Das Konzept scheint im Markt anzukommen. Rund 5.000 Kunden und etwa 50 Produzenten weist Laserhub im Frühherbst 2020 des Jahres aus. Das Unternehmen rechnet selbst im Corona-Jahr 2020 nach Geschäftsführer Rössner mit einem Wachstum um das Dreieinhalbfache und einer Verdopplung seiner Produzenten in absehbarer Zeit. Davor wurden Wachstumsraten um das Siebenfache im Jahr erreicht. Kleiner ist die auf Blechbearbeitung fokussierte Schweizer Blexon AG, sie arbeitet aktuell mit 5 Produzenten zusammen. Facturee gibt 500 Produzenten in ihrem Netzwerk an, die über nahezu alle Bereiche der Fertigungstechnik gestreut sind.

Fertigungsplattformen werden sich im Markt behaupten

Die Grundidee der Plattformen birgt Vorteile für alle Seiten. Fertigungsunternehmen ersparen sich den Aufwand, eigene Webshops aufzubauen und zu pflegen. So klinken sie sich relativ einfach in die digitale Blechteilebeschaffung ein und können sich auf die Fertigung und die Auslastung ihrer Maschinen konzentrieren. In den Einkaufsabteilungen sinkt der Beschaffungsaufwand erheblich. Unternehmen, die kleine Stückzahlen benötigen, kommen über die Plattformen zudem an Top-Fertiger heran, die ansonsten aus wirtschaftlichen Zwängen auf Kleinaufträge verzichten.

laserteile4you.de/

Insgesamt verbessern die Plattformen die Preistransparenz, was den Preisdruck bei mittelständischen Fertigern erhöht, die oft mit einer Mischkalkulation arbeiten.

Auch ungewollt werden den Plattformen mächtige Marktpositionen erwachsen. Direkte Abhängigkeiten der Fertigungsunternehmen sollen zwar vermieden werden, indem deren Kapazitäten zu nicht mehr als 20 bis 25 Prozent mit Plattform-Aufträgen ausgelastet werden, aber durch die Plattformen werden neue Rahmenbedingungen geschaffen. Schon jetzt profitieren Plattformen beispielsweise aufgrund ihres hohen Frachtaufkommens von Sonderkonditionen bei den Frachtdienstleistern. Und auch Gedanken an eine zentrale Materialbeschaffung mit entsprechenden Preisnachlässen werden bereits angestellt. 

facturee.de/

Das verbessert die Marktposition der Plattformen zusätzlich gegenüber Einzelanbietern. Und der Innovationsdruck wird steigen, denn innerhalb der Fertigungsnetzwerke wird es immer ein Unternehmen geben, das die jüngsten Techniken anbieten kann.

Insgesamt scheinen die Vorteile der Plattformen so überzeugend, dass es verwunderlich wäre, wenn sie in den nächsten Jahren nicht an Bedeutung gewinnen könnten. Darauf sollte sich die Blechbranche einstellen.

xometry.de

2020-11-10

Gegen Untote hilft kein Impfstoff

von Wolfgang Filì, facts-and-figures

Dann wird ja alles wieder gut. BNT162b2 liege bald vor, frohlockt Gesundheitsminister Spahn. Schlechter dran bleibt dann wohl die Wirtschaft. Hier ist die Pandemie lediglich vertagt und die Ansteckungsgefahr hochaktuell - vor allem an lebenden Toten. 

550000 versteckt überschuldete Firmen hatte Auskunft- und Inkasso-Dienstleister Creditreform im Oktober ausgemacht. © Filì

Ende 2. Halbjahr standen deutsche Unternehmen aus Metallerzeugung und -bearbeitung, Maschinenbau, der Herstellung von EDV-Geräten und sonstigem verarbeitenden Gewerbe (ohne Bauindustrie) bei inländischen Banken mit über 160 Milliarden Euro in der Kreide. 

Das Gros der ausgereichten Kredite wird auf „Untote“ gehen: überschuldete Betriebe, die allein dank der Nullzinspolitik ihre Kapitalkosten nicht mehr selber erwirtschaften müssen. Oder herzlos formuliert: Unternehmen, die entweder zu teuer produzieren respektive Güter herstellen, die der Markt nicht wirklich braucht. Vielleicht auch solche, denen der staatliche Dirigismus zugesetzt hat oder denen aus anderem Grund die Abnehmer weggebrochen sind. Auch schlechtes Management ist denkbar.

550000 solch versteckt illiquider Firmen hat der Auskunft- und Inkasso-Dienstleister Creditreform Oktober 2020 ausgemacht - und zwar quer durch alle Branchen. Das sind 17 % der deutschen Betriebe. Sie fallen allein deshalb nicht auf, weil die Insolvenzantrags-Pflicht bis Januar ausgesetzt ist. Sollte das Justizministerium dies bis Ende I. Quartal fortschreiben, rechnet Creditreform gar mit 800000 Pleiten. 

Kreditforderungen deutscher Banken an inländische Unternehmen, ausgewiesen in Prozent nach Branchen. © Bundesbank

Mit solchen "Untoten" Geschäfte zu machen, ist hochinfektiös. Bislang gesunde Betriebe liefern heute, bleiben morgen jedoch auf ihren Rechnungen sitzen, geraten in Folge selber in Schwierigkeiten und sind unterm Strich „angesteckt“. Konsequente Folge ist eine Kettenreaktion, die über die verarbeitenden Branchen hinausreicht. Und last-but-not-least: Nicht jeder Unternehmer tut sich leicht damit, jahrelang vertraute Partner vor jedem größeren Abschluss auf Risiko und Bonität prüfen zu lassen.

Die Bankenaufsicht der EZB hat die europäischen Geldinstitute bereits gewarnt, dass das Risiko von Kreditausfällen insoweit sehr hoch sei. Wann sich dies in den Bankbilanzen zeige und mit welcher Schwere, könne man nicht voraussagen. Falls sich die Schätzung jedoch bewahrheitete, dürften die Banken in erheblichem Umfang Non Performing Loans – zu Deutsch: notleidende Kredite – in ihren Büchern haben. 

Forderungen, die nicht bedient werden können, müssten korrekterweise in der Bankenbilanz abgeschrieben werden. Aber auch das hat Pleitepotenzial. Hinzu kommt, dass Banken mit schrumpfendem Eigenkapital weniger Kredite vergeben können. Und hier beißt der Zombie der Katze in den Schwanz. 

Warten wir ab, was die Wiedereinsetzung der Insolvenzpflicht an Ernüchterndem aufdeckt. Ungesund sieht’s allemal aus.

Geben Sie auf sich Acht.

2020-11-04

Nachbarn, Freunde und Verwandte waren 'gestern'. Jetzt trösten Roboter die Corona-Isolierten.

von Wolfgang Filì, facts-and-figures

‚Soziale Roboter‘ könnten psychische Folgen von Isolation mildern, wie sie die derzeitigen Corona-Maßnahmen ausgelöst haben, meldet die Universität Hohenheim am 4. November. Das glauben Sie einfach nicht? Oder: Sie sind schlicht fassungslos? 

Hier zum Trost der Pressetext. „Unterhalter, sozialer Wegbereiter, Mentor und Freund: Diese Typologie für soziale Roboter hat jetzt ein Forschungsteam unter Mitarbeit der Universität Hohenheim in Stuttgart aufgestellt. Diese Robotertypen könnten gerade während der Corona-Krise für psychisch anfällige Menschen eine wichtige Stütze sein. 

Social robots for consumer well-being during Covid-19 and beyond. © Journal of Service Management

Denn die Covid-19-Pandemie hat nicht nur Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit von Erkrankten. Weitaus größer dürfte die Anzahl derjenigen Personen sein, die vor allem seelisch unter der Krise und der mit ihr verbundenen Isolation leiden. Dabei sind zwei Gruppen besonders betroffen: ältere Menschen und Kinder. 

Soziale Roboter könnten hier wichtige Funktionen übernehmen. Doch noch steckt die Entwicklung solcher Roboter und die Forschung hierzu in den Kinderschuhen. Mit ihrer Arbeit möchte das vierköpfige Forscherteam Nutzer und Anbieter sowie Entwickler von sozialen Robotern bei deren Einsatz und Design unterstützen. Die Publikation ist jetzt im Journal of Service Management erschienen.“

„Unterhalter, sozialer Wegbereiter, Mentor und Freund.“ © Journal of Service Management

Gut, dass wir live und lebendig verfolgen dürfen, wie die Technik uns sozial ertüchtigt. Wie denken Sie?

https://doi.org/10.1108/JOSM-05-2020-0145


2020-10-29

Die Kante muss passen

von Volker Albrecht, freier Journalist in Bamberg

Für das Verrunden der Kanten an Edelstahl- und Aluminiumteilen setzt 247TailorSteel Rotationsbürstmaschinen von Timesavers ein.

Die Blechteilebeschaffung über das Internet hat sich heute etabliert. Dazu hat 247Tailorsteel einen wesentlichen Teil beigetragen, denn schon 2007 ging das Unternehmen als eines der ersten mit einer entsprechenden Internetplattform in den Markt. Heute bietet 247Tailorsteel neben dem Laserschneiden auch Biege- und Rohrlaserteile an. Und seit etwa einem Jahr können die Kunden ihre Teile zusätzlich mit entgrateten und verrundeten Kanten ordern. Für Edelstahl- und Aluminiumteile kommen dabei Timesavers-Rotationsbürstmaschinen der 42er Baureihe zum Einsatz.

Seit etwa einem Jahr setzt 247TailorSteel am Standort Varsseveld eine
Timesavers-Rotationsbürstmaschine der 42er Baureihe ein.  © Albrecht

Basis des Geschäftsmodells von 247TailorSteel ist Sophia, ein intelligentes Assistenzsystem, das den Bestellvorgang weitgehend automatisiert und den Kunden durch die einzelnen Schritte leitet. Der Anwender lädt die Daten seiner CAD-Zeichnungen auf die Internet-Plattform und gibt Rahmendaten wie Material, Liefermenge und Liefertermin an.  

Sophia  prüft  und  analysiert  die  Auftragsdaten, erstellt Abwicklungen, führt eine Machbarkeitsprüfung durch, kalkuliert die Kosten und erstellt ein Angebot. Das alles innerhalb weniger Minuten und vollautomatisch, ohne dass ein Mitarbeiter eingreifen müsste. Nur bei zu komplexen Aufgaben – und das sind weniger als fünf Prozent der Anfragen – übergibt Sophia an einen Mitarbeiter. Problemlos lassen sich so Angebote für unterschiedliche Mengen, Liefertermine oder auch Materialien anfragen, bevor sich der Kunde für ein Angebot entscheidet. Die Auftragsbestätigung erstellt Sophia dann sofort  und übergibt im Hintergrund die Auftragsdaten automatisch an das ERP-System. 

Das Angebot hat sich seit 13 Jahren im Markt bewährt, und 247TailorSteel bietet seine Leistungen mittlerweile an drei Standorten an: in Varsseveld in den Niederlanden, im deutschen Oyten bei Bremen und seit September auch in Hilden bei Düsseldorf. Insgesamt 33 Laserschneidanlagen, 20 Abkantpressen und fünf Rohrlaseranlagen setzt das Unternehmen verteilt über alle Standorte ein. Dazu kommen an jedem Standort je zwei Maschinen zur Kanten- und Oberflächenbearbeitung, und zwar jeweils eine Maschine für Schwarzstahl sowie eine für Edelstahl- und Aluminiumteile. 

Notwendige Ergänzung

Das Angebot von 247TailorSteel ist darauf angelegt, dass sehr unterschiedliche Teile vor allem in kleinen Stückzahlen sehr flexibel zu fertigen sind. „Rund 80 Prozent unserer Teile sind aus Schwarzstahl, die restlichen 20 Prozent aus rostfreiem Stahl und Aluminium“, sagt  Frank  Gelen,  Geschäftsführer des Unternehmens. „Wir haben 140 Materialien auf Lager, denn letztlich wissen wir heute nicht, welche Aufträge morgen eingehen werden.“ 

Das Entgraten und Kantenverrunden habe man ins Programm aufgenommen, weil es bei einigen Bauteilen notwendig für die Weiterverarbeitung ist. „Wir wissen nicht, was die Kunden mit den Bauteilen später machen und wie sie diese weiterverarbeiten, deswegen bieten wir die Kantenbearbeitung als Möglichkeit an.“ Die Kosten allerdings gebe man nur zum Teil an die Kunden weiter. Einerseits seien die Prozesse noch nicht sehr effizient ausgelegt, und für die eigene Ineffizienz wolle man die Kunden nicht zahlen lassen. Andererseits biete man es nicht als reine Serviceleistung an, weil dann jedes Teil mit bearbeiteten Kanten geordert werden – auch dann, wenn es gar nicht erforderlich wäre. „Dann hätten wir einen Wert geschaffen,  der  nicht  gebraucht wird. Man muss bedenken, Entgraten und Kantenverrunden ist Aufwand. Und wir verdienen an der Kantenbearbeitung nichts“, erklärt Frank Gelen. 

„Aber wir müssen sie anbieten, weil einige Kunden es einfach brauchen“. Bei Schwarzstahl beispielsweise wird eine Kanten- und Oberflächenbearbeitung notwendig, wenn die Teile beschichtet werden und die Schicht andernfalls an den Kanten schlecht haften würde. Für die Bearbeitung von Schwarzstahl setzt 247TailorSteel eine Flachbürstenmaschine ein. 

Hochwertige Edelstahl- und Aluminiumteile 

Bei Edelstahl und Aluminium verhält es sich etwas anders, hier dient die Kantenbearbeitung oft dazu, die Bauteilqualität zu erhöhen. „Kantenverrundung ist vor allem dann wichtig, wenn die Teile gebogen werden. Gebogene Teile lassen sich nur schwierig entgraten und verrunden. Und weil wir das Biegen anbieten, müssen wir auch das Kantenverrunden anbieten“, fasst Frank Gelen zusammen. 

Die Anforderungen an den Verrundungsradius sind dann weniger anspruchsvoll als bei Stahlteilen, die beschichtet werden. Dafür tritt bei den hochwertigen Edelstahl- und Aluminiumbauteilen ein anderes Problem auf, nämlich die durch eine „Bürstbehandlung“ erzeugte gerichtete Oberflächenstrukturierung. Werden derartige Teile später in Baugruppen montiert, beispielsweise zu einem Briefkasten, sollte die Oberflächenstruktur der Einzelteile zusammenpassen. Das in der Fertigung sicherzustellen ist aufwändig und bei der Art der Fertigung bei 247TailorSteel kaum zu bewerkstelligen. 

„Ganz wichtig für uns ist, dass die Teile auch nach dem Verrunden der Kanten eine richtungslose Oberflächenstruktur aufweisen“, betont Frank Gelen. Deshalb hat sich 247TailorSteel zur Bearbeitung von Edelstahl- und Aluminiumteilen für eine Rotationsbürstmaschine  der  42er  Baureihe  von Timesavers entschieden.

Richtungslose Oberflächenstruktur 

Die modulare Maschine hat eine Arbeitsbreite von 1.350 mm und arbeitet mit einer zentralen Rotationsbürsteinheit, der eine Entgratstation mit Entgratband vorgelagert ist. Entscheidend für die richtungslose Strukturierung ist die Rotationsbürsteinheit. Diese besteht aus einem ovalen Karussell, das sich um eine vertikale Achse dreht. An diesem Karussell sind horizontal acht radiale Rundbürsten angeordnet, die wiederum jeweils um ihre Längsachse rotieren. 

Vier dieser Bürsten drehen im Uhrzeigersinn und vier dagegen. Die Bürsten sind jeweils mit Schleifmittellamellen besetzt, die im Betrieb auf die unter der Bürsteinheit durchgeführten Bauteile auftreffen. Dabei überlagern sich die Bewegungen der Schleiflamellen in alle Richtungen und sorgen für eine zuverlässige Kantenverrundung. Gleichzeitig stellt das Konzept sicher, dass – ganz gleich wo die Bauteile über die Arbeitsbreite auf dem Förderband aufgelegt sind – überall gleichermaßen gute Verrundungsergebnisse erreicht werden. 

Oberflächenschonende Werkzeuge

Wesentlich für das  Verrundungsergebnis  sind die  eingesetzten Bürsten und die Gestaltung der Schleiflamellen. „Wir können verschiedene Bürsten für verschiedene Anwendungen liefern. Dafür führen wir in unseren Ausstellungsräumen in den Niederlanden und Deutschland mit unseren Kunden Tests durch, um die richtige Bürste für die jeweilige Anwendung zu bestimmen “, berichtet Ronald Raats, Aera Sales Manager für den deutschsprachigen Raum bei Timesavers. Bei 247TailorSteel sind es Bürsten mit einfachen Schleiflamellen, die durch die Fliehkraft aufgestellt werden, an die Kanten anschlagen und sie verrunden. Nach dem Anschlagen federn die Lamellen zurück und berühren die Bauteiloberfläche kaum. „Wenn Sie ein Bauteil mit Edding beschriften und es durch die Maschine laufen lassen, können Sie die Beschriftung danach noch lesen“, verspricht Raats. Es gebe allerdings Bürsten mit verstärkten Lamellen, die auch zum Schleifen genutzt werden können. 

Die Rotationsbürsteneinheit sorgt für eine richtungslose Oberflächenstruktur.
Rechts ist die Entgratstation zu sehen. © Timesavers

Um die Verrundungsqualität zu verbessern und die Schleiflamellen der Rotationsbürsten zu schonen, nutzt 247TailorSteel das vorgeschaltete Entgratband. Über die Oberfläche hinausstehende Grate an den Bauteilkanten werden dort quasi abgeschlagen, ohne die Oberfläche zu schleifen.  In dieser Kombination erweist sich die Maschine nicht nur als effizient beim Kantenverrunden, sondern auch sparsam in Sachen Verschleiß der Schleifwerkzeuge.  

Überzeugende Lebensdauer der Bürsten

„Die Lebensdauer der Bürsten ist sehr hoch, das hätte ich anfangs nicht geglaubt. Es ist das gleiche Material, das man nutzt, wenn man von Hand schleift, aber es hält wirklich sehr lange“, resümiert Frank Gelen. Das relativiere die Kosten von rund 3.500 Euro für einen kompletten Bürstensatz. Einen Hinweis auf die Lebensdauer der Werkzeuge liefert die bisherige Laufzeit bei 247TailorSteel in Varsseveld. Nach rund 2.500 Betriebsstunden auf der Maschine sind die Schleiflamellen bei weitem noch nicht abgenutzt.

Die Bedienung lässt sich leicht
erlernen. © Timesavers


„In der Maschine sind 45 Quadratmeter Schleiflamellen eingesetzt“, ergänzt Ronald Raats zum Thema  Lebensdauer.  Damit  habe  jede  einzelne Lamelle vergleichsweise seltener Kontakt mit dem Material als bei einer Maschine mit nur 5 m 2  Schleifmittel. Zudem sei der Kontakt zum Bauteil durch den beschriebenen Effekt des Rückfederns nur kurz und eher ein Abschlagen der Kante als ein Schleifen. „Das klappt gut mit den Bürsten“, sagt Frank Gelen. In Varsseveld habe das alles von Anfang an gut funktioniert. Und Probleme in Oyten, die aufgetreten sind, weil dort dickere Bleche bearbeitet werden und stärkere Verrundungen gefragt sind, wurden von Timesavers in Abstimmung mit 247Tailorsteel mit einem anderen Bürstensatz gelöst. 247TailorSteel setzt die Rotationsbürstmaschine sowohl für die Kantenverrundung bei Edelstahl- als auch bei Aluminiumteilen ein, und zwar mit ein und demselben Bürstensatz. 

Der  Gefahr  einer  Verpuffung  des  in  der Maschine  verbliebenen  Aluminiumstaubs  durch Funkenschlagen bei der Stahlbearbeitung begegnet Timesavers durch eine automatische Selbstreinigung,  erläutert  Ronald  Raats:  „Bei  jedem  Stopp oder nach rund vier Stunden Betriebszeit saugt die Maschine automatisch den Schleifstaub aus dem Innenraum der Maschine ab. Dazu wird an dem Vakuumsystem, das die Teile auf dem Förderband hält, eine Klappe umgelegt, sodass der Innenraum ausgesaugt wird.“ Da zudem die Lamellen die Kanten wie beschrieben nur kurz berühren, bleibt auch die Gefahr einer Materialverschleppung gering.

Flexibel für große und kleine Teile

„Wir fertigen ein sehr breites Teilespektrum“, sagt Frank Gelen. „Deswegen ist es wichtig, dass wir auf der Maschine flexibel sowohl kleine als auch große Teile bearbeiten können.“ Die Timesavers-Maschine ist für Teile ab einer Größe von 50 mm x 50mm geeignet. Das sei problemlos  und erfordere auch keine besonderen Maßnahmen an der Maschine. Wie überhaupt die Maschine einfach zu bedienen sei. Aber wie bei jeder Fertigungsmaschine müssten auch hier die Bedienung erlernt und Erfahrungen mit der Maschine gesammelt werden. „Erfahrene Bediener wissen eben, wie sie beispielsweise eng geschlitzte Teile auflegen müssen, damit diese gut auf dem Band gehalten werden. Oder sie wissen, bei welchen komplexen Teilen es günstiger ist, eine Platte neben das eigentlich Bauteil auf das Band zu legen, um den Druck der Bürsten zu verringern.“ 

247TailorSteel hat alle Standorte mit Timesavers-Maschinen ausgestattet. Mit der 42er Baureihe ist Frank Gelen insgesamt zufrieden. Auch wenn für ihn eine beidseitige Rotationsbürstmaschine das Optimum wäre, aber das lässt das Prinzip derzeit nicht zu.

Timesavers International B.V.
www.timesaversint.com 

247TailorSteel NRW GmbH
www.247tailorsteel.com



Geld verdienen erst wieder ab 2023?

  von Wolfgang Filì, facts-and-figures Maschinenbauer haben's schwer. Geht's aufwärts mit der Konjunktur, profitieren sie als letzte...