2021-10-28

Heute muss sie werden!

 von Wolfgang Filì, facts-and-figures

Früher wurden Glocken in puren Lehm gegossen. Heute setzen die Gießereien meist Formen mit Furanharz ein. Dieser Binder hilft bestens, ist aber Schadstoff-belastet. Die TU Freiberg hat ein Verfahren entwickelt, das umweltneutralen Guss möglich macht. 

Bis dato haben die Freiberger derart sechs Glocken gegossen. Ziel sei ein ebenso wirtschaftlicher wie umweltverträglicher Weg, er soll Glocken im selben Qualitätsstandard liefern wie traditionell die Lehmform und das industriell angewendete Furanharz-Verfahren, sagt Gotthard Wolf. Er leitet das Gießerei-Institut der TU Freiberg. Zusammen mit sächsischen Betrieben soll dieses Ziel erreicht werden durch zwei neue Technologien.

Erprobung der neuen Glockenguss-Technik im Sächsischen Metallwerk Freiberg. © Detlev Müller

In der Regel werden Glocken als Einzelstücke mit definierter Klangfarbe und Verzierung hergestellt. Erhitzte Bronze fließt in ein Formwerkzeug: einen Hohlraum zwischen einem Kern und einem Mantel. Dort erkaltet sie, bevor sie nach einigen Wochen freigelegt wird. Kern und Mantel herzustellen, dauert lange, setzt Feinarbeit und das Wissen von Generationen von Glockengießern voraus. Das CNC-Fräsen soll die Arbeitsschritte beschleunigen. Die Zeit bis zum fertigen Formwerkzeug wird von mehreren Wochen im klassischen Lehmform-Verfahren abgekürzt auf knappo fünf Tage.

Statt Lehm oder Furanharz wird für die Form zementgebundener Quarzsand verwendet. Als Binder dient ein Spezialzement: der so genannte Ettringit-Zement. Mit ihm härtet der Formstoff schneller als herkömmliche Zemente aus. Zudem ist er umweltverträglicher. „Es tritt hauptsächlich harmloser Wasserdampf als Emission auf, während beim Lehmform-Verfahren und vor allem bei kunstharzgebundenen Formstoffen Schadstoffe entstehen wie Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol. Basierend auf aluminium-, calcium- und sulfathaltigen Rohstoffen lässt sich der neue zementgebundene Formstoff zudem besser entsorgen“, erklärt Projektmitarbeiter Marco Weider.

Bloß harmloser Wasserdampf als Emission

Eine der nach dem neuen Verfahren beim Sächsischen Metallwerk hergestellten Glocken erhält die TU Bergakademie Freiberg. Übergeben wurde sie Oktober 2021 an Rektor Klaus-Dieter Barbknecht und den amtierenden Kanzler Jens Then. Rahmen war das wissenschaftliche Ledebur-Kolloquiums des Gießerei-Institutes, auf dem sich jährlich Industrie und universitäre Forschung austauschen.

Die rund 120 kg schwere und 0,6 m hohe Bronzeglocke trägt die Inschrift „Theoria cum praxi, Friberga 2021“ (Theorie mit Praxis, Freiberg 2021) nebst den Logos der Universität und des Gießerei-Instituts. Auf dem Freiberger Campus soll sie in einem Glockenturm auf dem Wissenschaftskorridor läuten. 


Die mit dem Verfahren hergestellte Universitäts-Glocke. © Institut für Gießerei

Das Verfahren entwickelt die TU Bergakademie Freiberg gemeinsam mit den mittelständischen Unternehmen Sächsisches Metallwerk GmbH und Kunstguss Döhler GbR. Im Rahmen des Zentralen Innovationsprogrammes Mittelstand ZIR wird das Projekt mit 189.999 Euro gefördert. Es soll die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen stärken.

Technische Universität Bergakademie Freiberg
http://tu-freiberg.de

Sächsisches Metallwerk Freiberg GmbH

Kunstguss Döhler GbR

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